Die menschlichen Zivilisationen sind gebaut auf unzähligen Körpern von nichtmenschlichen Tieren. Die Domestikation von Tieren* und Pflanzen machte es erst möglich Landwirtschaft zu betreiben und dadurch den heutigen Stand der Produktion zu erreichen. Durch Zucht wird bis heute in die Körper von nichtmenschlichen Tieren eingegriffen, um sie den Ansprüchen der menschlichen Nutzungsansprüche zu unterwerfen.
Die Geschichte der Domestikation wird uns als eine menschliche Erfolgsgeschichte verkauft. Ohne die Veränderungen der tierlichen Körper, den Eingriff in ihre Bewegungsfreiheit und ihre Fortpflanzungszyklen könnten die Tiere* nicht von Menschen genutzt werden. Aus der Perspektive der Tiere* ist die Domestikation jedoch keinesfalls eine Erfolgsgeschichte. Im Schwerpunkt unserer aktuellen Ausgabe beschäftigen wir uns in vier ausführlichen Artikeln mit der Domestikation von Tieren:
- Kühe muss man melken, Schafe muss man scheren – Zur Gewordenheit nutztierlicher Körper als ethisches Argument von Dafni Tokas
- Gesellschaft auf Leichen erbaut von Ina Schmitt
- Enhancement und Transhumanismus von Arianna Ferrari
- Vom Menschen entstellt und ausgebeutet von Anita Baron
Editorial
Es ist nicht möglich, adäquat die Katastrophe wiederzugeben, in der wir uns befinden. Die Zerstörung des Erdklimas ist keine theoretische Gefahr der Zukunft –
wir sind mitten drin. Nicht polemisch mitten drin, oder metaphorisch, sondern ganz real. Wer auch nur im entferntesten Zweifel daran hat oder glaubt, es gäbe noch Spielraum: Bitte, ich flehe Euch an, schaut Euch den IPCC-Bericht an, oder zumindest eine Zusammenfassung. Die Biosphäre wird zerstört für unsere Spezies und für unzählbare andere Tiere. Und es wird mit jedem Moment schlimmer.
Wir können uns Kompromisse, neoliberales Rumgeschwafel, und Rationalisierungserzählungen nicht mehr leisten. Das Wirtschaftssystem, was uns hier reingefahren hat, wird uns nicht wieder rausholen können. Kapital- und profitbasierte Ökonomie muss zerstört werden. Aber – es ist nur all zu leicht in die Falle zu treten, nur an global-politische Machtstrukturen zu denken. Denn das entbindet uns von unserer eigenen Verantwortung und den Konsequenzen unseres Handelns.
Wir selbst, egal wie radikal, antikapitalistisch oder vegan wir uns glauben; wir haben Teil an dieser Zerstörung. Unser alltäglicher Konsum, jedes Mal, wenn Du den Zündschlüssel umdrehst, jede unnötige Klamotte, jede nichtregionale Zutat, tritt unser blassblaues Raumschiff ein kleines bisschen näher an den Kollaps.
Vielleicht müssen wir einfach eine andere Sprache wählen, denn das Ausbeuten und Ermorden von Tieren scheint nur dann uncool zu sein, wenn es als unvegan gilt. Okay, Mimimalvorschlag für den Einstieg, so zum Eingewöhnen: Pkws sind nicht mehr vegan. Ohne Ausnahme. Wenn wir uns daran gewöhnt haben, steigern wir uns vielleicht zu weniger völlig offensichtlichen Dingen. Vielleicht Plastik, Papier oder Pflanzendünger? Aber das erst 2035; eins nach dem anderen, wir haben ja Zeit.
Alan Schwarz
Inhalt
Titelthema: Domestikation von Tieren
- Kühe muss man melken, Schafe muss man scheren – Zur Gewordenheit nutztierlicher Körper als ethisches Argument
- Gesellschaft auf Leichen erbaut
- Enhancement und Transhumanismus
- Vom Menschen entstellt und ausgebeutet
Rezensionen
„Entlarvung“ von Pia Klemp
„Der Weg zur veganen Welt – ein pragmatischer Leitfaden“ von Tobias Leenaert
Vegans‘ Digest“ von Colin Goldner
Bewegung & Aktivismus
Demolyrik kritisch hinterfragt
Tierrettung im Ukraine-Krieg: Animal Liberators Frankfurt vor Ort / Interview mit Gloria, Animal Liberators Frankfurt
Solidarität wird ohne Z geschrieben: Über den Kampf ukrainischer Anarchist*innen gegen den russischen Krieg
Ausbeutung
Der Natur auf der Spur? Der Leipziger Zoo
Pongoland: Primatenforschung im Zoo Leipzig
Individualschutz versus Artenschutz
und Berichte von den Lebenshöfen, Quartalsreport, Meldungen, …
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