Tierbefreiung 63

Tierbefreiung 63

Liebe Tierbefreier_innen,

das Thema Repression lässt uns nicht los, und es sieht auch nicht so aus, als würde sich das in absehbarer Zeit ändern. In der Titelstory geht die Sozialwissenschaftlerin Melanie Bujok der Frage nach, wieso es gerade in den Ländern mit einer starken Tierbefreiungs- und Umweltschutzbewegung derart drastische staatliche Repression gibt.

In den USA ist bereits von Green Scare die Rede. Das dortige Vorpreschen gegen den „Tierrechtsextremismus“ als „größte innerstaatliche Terrorgefahr“ erinnert an den Red Scare in der Mitte des 20. Jahrhunderts – die damalige, teils hysterische Verfolgung von Kommunisten in den USA. Erneut werden politisch eingestellte Menschen stigmatisiert, diesmal gleich als „Terroristen“. Welche Rolle spielen dabei die Interessen der Wirtschaft? Gibt es eine staatlich-wirtschaftliche Allianz, die Unternehmen vor progressiven sozialen Bewegungen schützen soll? Gesetze werden der Tierbefreiungsbewegung exakt angepasst. Gesetzesverschärfungen sollen Aktivisten mit langjährigen Gefängnisstrafen unschädlich machen, aber auch im Vorfeld schon politische Einstellungen verhindern. Dem Konservatismus sind progressive soziale Bewegungen ein Dorn im Auge, der isoliert und ausgelöscht werden muss, anscheinend auch um den Preis der Bürgerrechte. Denn nicht nur der wirtschaftliche Schaden zählt: Unsere abendländische Gesellschaftsordnung mit dem ihr zugrunde liegenden
Herrschaftsprinzip wird empfindlich in Frage gestellt. Eine Gesellschaft ohne Tierausbeutung wäre eine radikal andere. Bujok macht in ihrer Arbeit deutlich: Die Totalität der heutigen, auf Tierausbeutung basierenden Wirtschaftswelt untergräbt soziale Errungenschaften und Bürgerrechte.

Mit Repressionen (nicht nur in Österreich) setzten sich Ende Mai auch die Teilnehmer der „Liberation Days“ in Wien auseinander, und leider ist die Repression auch wieder Gegenstand weiterer Beiträge.

Letztes Jahr erschienen zwei Einführungen zur „Tierphilosophie“, die wir in diesem Heft besprechen. Vielen wird der Begriff und die Disziplin sicherlich noch unbekannt sein, da sie im deutschsprachigen Raum jetzt erst bedeutend werden. Unsere Serie „Im Visier – Portraits gejagter Tiere“ behandelte in den letzten Heften den Fischotter, das Wildschwein und die Katze. In diesem Heft stellt Franziska Brunn den Rothirsch vor. Interessante Interviews führten wir mit Simon Sadowski, der von seiner bundesweiten „Initiative Vegane Mensa“ berichtet, mit der Rodeo-Expertin Mechthild Mench, die mit uns ihre Erfahrungen teilt, sowie mit einer Aktivistin, die Ende April auf der Aktionärsversammlung von ESCADA eine Rede hielt. Die Aktivistin erzählt, wie der Vorstand auf ihre Fragen reagiert hat und wie es aktuell mit ESCADA steht.

Neben anderen Terminen wollen wir Euch vor allem auf den Tierbefreiungskongress 2009 aufmerksam machen. Er wird vom 27. bis 30. August auf der Burg Lohra (50 km nördlich von Erfurt) stattfinden und verspricht, bestens organisiert zu sein. Koste es uns Gesinnungs„terrorist_innen“ auch die Freiheit und die Bürgerrechte: Bleibt uns als Tierbefreier_innen erhalten – für die Befreiung der Tiere aus dem Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnis.

Unterhaltsame Stunden beim Lesen und einen angenehmen Sommer wünscht
Emil Franzinelli