Zoonosen

Zoonosen

Wenn Krankheiten Speziesgrenzen überschreiten

Gegen Ende des Jahres 2019 erkrankten in Wuhan, der Hauptstadt der chinesischen Provinz Hubei, tausende Menschen an einem bis dahin noch unbekannten Virus. Das Coronavirus SARS-CoV-2, das die Erkrankung Covid-19 auslöst, breitete sich seither rasend schnell weltweit aus. Im März 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation die Ausbreitung des neuen Virus schließlich von einer Epidemie zur Pandemie. Schulschließungen, Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen, Quarantänebestimmungen, Maskenpflicht, Corona-Warn-Apps, Finanzhilfen für Konzerne, Grenzschließungen (…) auf der einen Seite – Leugnung, Ignoranz, Ängste, Egoismus, Verschwörungsmythen (…) auf der anderen Seite. Wie kaum ein anderes Thema bestimmt seither das neue Coronavirus unseren Alltag. Grund genug für uns, uns im Titelthema mit Zoonosen im Allgemeinen und dem neuen Coronavirus im Speziellen zu beschäftigen.

Den Anfang mache ich und gehe zunächst den Fragen nach, was Zoonosen sind, wie diese entstehen und weshalb sie aufgrund zunehmender Umweltzerstörung, Klimaveränderungen und der intensiven Ausbeutung von Tieren von wachsender Bedeutung sind. Darüber hinaus beschäftige ich mich damit, wie sich Pandemien auf soziale Ungleichheiten auswirken. Im Anschluss zeigt Animal Climate Action detailliert die Zusammenhänge auf zwischen der Entstehung neuer Infektionskrankheiten, der Tierindustrie sowie der Regenwaldrodungen im Amazonas-Gebiet.

Seit der Ausbreitung des neuen Coronavirus sind weltweit Forschungseinrichtungen und Unternehmen mit der Entwicklung eines Impfstoffs gegen die Krankheit Covid-19 beschäftigt. Unzählige Tiere leiden abermals in Tierversuchen. Mirjam Rebhan fordert daher in ihrem Artikel ein deutliches „Nein zu Tierversuchen“. Bereits im März 2020 im marx21-Magazin erschienen ist das Interview mit dem Evolutionsbiologen Rob Wallace. Den Ursachen der Pandemie nachgehend, ist das Interview nach wie vor aktuell, weshalb wir uns freuen, es an dieser Stelle noch einmal abdrucken zu dürfen. Mit den Ursachen, Auswirkungen und möglichen Auswegen aus der Corona-Pandemie beschäftigt sich auch das Bündnis für gesellschaftliche Tierbefreiung und veröffentlichte Mitte Juni 2020 einen ausführlichen Forderungskatalog an Gesellschaft und Politik. Den vollständigen Forderungskatalog findet ihr ab Seite 22 oder online.

Über die Notwendigkeit und Angemessenheit der weltweit sehr unterschiedlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird vielfach diskutiert. Während das Tragen von Masken und Quarantänen auch schon im Rahmen vergangener Pandemien übliche Mittel waren, ergeben sich aus anderen Maßnahmen Risiken, sofern autoritäre oder kapitalistisch motivierte Strukturen derlei Ausnahmesituationen für sich ausnutzen. Alan Schwarz geht diesen Risiken in einer ausführlichen Analyse nach und beschäftigt sich mit der möglichen Instrumentalisierung diverser Maßnahmen.

Zoonotische Infektionskrankheiten verbreiten sich über Speziesgrenzen hinweg. Dass das Infektionsgeschehen keine Einbahnstraße in Richtung des Menschen, ausgehend von anderen Tieren ist, zeigt sich am Beispiel von Pelzfarmen. In ihrem zweiten Bericht widmet sich Mirjam Rebhan den Ausbrüchen des Coronavirus auf Pelzfarmen, insbesondere in Spanien und den Niederlanden.

Einhergehend mit der Coronapandemie sind auch diverse Verschwörungsideologien, zudem kommt es verstärkt zur rassistischen Diskriminierung und Ausgrenzung von Erkrankten oder vermeintlich Verantwortlichen. Dass dies längst kein neues Phänomen ist, zeige ich in meinem zweiten Artikel auf. Anhand der Betrachtung vergangener und aktueller Infektionskrankheiten werden die Parallelen deutlich sichtbar.

Das Titelthema abschließend, zieht Malte Krax eine Lehre aus der Coronapandemie: Anlässlich der zuvor noch undenkbaren, temporären Schließung von Schlachtfabriken aufgrund von Coronaausbrüchen und verbundenen mit öffentlichen Debatten über Arbeitsbedingungen und Tierleid, liefert die Pandemie eine Möglichkeit zum gesellschaftlichen Wandel. Die Gelegenheit gilt es zu nutzen.

Zoonosen und deren direkte und indirekte Auswirkungen sind ein auf den ersten Blick kaum vollständig zu überschauendes Thema. Wir hoffen, euch mit diesem Titelthema einen guten Einblick in einige der wesentlichen Aspekte geben zu können.

Bleibt gesund, bleibt solidarisch!

 

Text: Ina Schmitt
aus: Tierbefreiung 108 / September 2020