Tierbefreiung 120

Milch ist eines der wenigen Tierausbeutungsprodukte, die tatsächlich ein Nahrungsmittel darstellen. Wenn auch nicht für Menschen. Die Ausbeutung nichtmenschlicher Tiere zur Gewinnung von tierlicher Muttermilch zerstört nicht nur das Leben der Elterntiere, sondern produziert und vernichtet unentwegt Nachkommen. In einem schier undurchbrechbar wirkenden Kreislauf werden Säugetiere geschwängert, damit sie Kinder bekommen und die für diese bestimmte Milch dann von Menschen gestohlen und verkauft werden kann. Fühlende Individuen werden zu Produktionsmaschinen. Abläufe mechanisiert, optimiert, maximiert. Weltweit wird jährlich mehr Milch produziert als die gesamte Biomasse der Menschen auf der Welt. Wenn wir nicht alle mit diesem Bild sozialisiert wären, würde es wirken wie aus einer völlig überzogenen Science-Fiction-Dystopie. Wir hoffen, diese Ausgabe informiert und motiviert zur Zerschlagung der Milchnormalität.

Editorial

Liebe Lesende,
heute ist einer dieser Tage, an denen mir die Worte fehlen, zu beschreiben, was mich beschäftigt. Ein Tag, sich mit einem Heißgetränk und einer Kuscheldecke auf das Sofa zurückzuziehen und sich vom Fernseher berieseln zu lassen. Letzterer kann getrost ausgeschaltet bleiben. Die im wahrsten Wortsinn aufregendsten „Familien-Soaps“ liefert noch immer die Realität selbst:

Da ist dieser Sohn, der in aller Öffentlichkeit ungebeten eine Frau* am Kopf greift und sie auf den Mund küsst. Er selbst wähnt sich selbstredend als Opfer. Seine Mutter möchte nichts mehr essen bis die ihrer Meinung nach „unmenschliche und blutige Hetzjagd“ gegen ihren notleidenden Sohn endet und schließt sich daraufhin zum Hungerstreik in einer Kirche ein – bekanntlich einem Ort der Einsicht und Selbstkritik. Die Moral von der Geschichte: Patriarchale Strukturen sind tief in unserer Gesellschaft verankert.

Dann sind da auch noch diese beiden Brüder: Mit dem Vorwurf des Verfassens und Verteilens eines antisemitischen Pamphlets zu Schulzeiten konfrontiert, sieht sich der Jüngere, seines Zeichens Vizeregierungschef des bayrischen Freistaats, als Opfer einer „Hexenjagd“ und „politisch motivierten Schmutzkampagne“. Die Wendung: Sein älterer Bruder, Betreiber eines Waffengeschäfts und einst schlecht in der Schule, eilt heroisch zur Hilfe und nimmt die Verantwortung auf sich. Nach einigen Plot-Twists erklärt sich der förmlich auf seinem Thron Klebende: Er könne sich an nichts mehr von damals erinnern. Trotz des vollumfänglichen Gedächtnisschwunds beschwört er aber, der Vorfall sei ein einschneidendes Erlebnis gewesen, welches wichtige gedankliche Prozesse angestoßen habe.

Antisemitismus, Sexismus, Rassismus … lebensecht verkörpert. Wenn sie nicht endlich bekämpft werden, regieren sie noch ewig. Die leere Chipstüte wird zur Kotztüte angesichts solch widerlicher Possen.

The Show must go on! Apropos Fernsehen: In der nächsten Ausgabe werden wir uns mit Tieren* in Film und Fernsehen beschäftigen. Ob als Hauptdarsteller*innen, Kompars*innen oder Statist*innen, als „Deko“ am Set oder Hauptmahlzeit für die menschliche Besetzung – die Filmindustrie weist nichtmenschlichen Tieren* viele Rollen zu. Wir werden intensiv hinter die Kulissen blicken.

Wie immer würden wir uns über Leser*innenbriefe, Kritik und natürlich auch Lob freuen. Schreibt uns von euren Aktionen und lasst es uns wissen, wenn ihr Themenideen habt. Wir wünschen euch eine interessante und informative Lektüre.

Ina Schmitt

Inhalt:

  • TitelthemaIntroKonsum: Zum Mäusemelken … mehr als nur ein Glas MilchMichgeschichte: Im Namen der „Volksgesundheit“Lobbyismus: Die Milchmacht(’s)Vergleichsweise unsolidarisch: Instrumentalisierung von sexualisierter GewaltButenland: Die Geschichte von Manuela
  • Bewegung & AktivismusSpeziesismusDemolyrik kritisch hinterfragt: „Blut an euren Händen!“
  • RezensionenMartha C. Nussbaum: Gerechtigkeit für Tiere
  • AusbeutungRheinland-Pfalz: Neues LandesjagdgesetzesBelgien verbietet Einfuhr von Jagdtrophäen
  • LebenshöfeHappy Kuh: Der Sommer ist da!
  • Ausgabe 120
    52 Seiten