Hallo liebe LeserInnen,
vom 3. bis 6. Dezember 2009 fand wieder Europas größte Messe für Reiten, Jagen und Angeln statt, die Pferd&Jagd in Hannover. Vor dem Eintreffen frage ich mich noch, ob vor dem Messeeingang wieder die Bekannten von Tierrechts aktiv Hannover mit ihren Transparenten stehen. Doch es ist niemand dort, der sich über meinen Messebesuch wundern könnte. Durch die Hallen der Reit-AusstellerInnen drängen sich überwiegend
Familien und weibliche Teenager. Es ist brechend voll. In einer Halle stehen in kleinen Paddocks eingepferchte Pferde, deren Anblick ich so interpretiere, als wäre ihnen der Rummel um sie herum viel zu viel. Die Halle nebenan ist nur für Pferde-Shows bestimmt. Kurz nachdem ich ankomme beginnt ein Turnier. Drei Mannschaften (eigentlich Frauen- oder Mädchenschaften) kämpfen in verschiedenen Reitdisziplinen um den Sieg. Die Pferdeliebhaberinnen hetzen ihre Schätze im Slalom über die Bahnen, während laute Musik läuft, hunderte Menschen (oft Familien) ausgelassen klatschen und der Moderator irgendeinen Quatsch erzählt. Die armen Pferde sehen geplagt aus, sind sichtlich hektisch und unkonzentriert. Meine Begleiterin, eine Pferdekennerin, bestätigt mir: „Ein unglaublicher Stress für die Tiere.“ Ich habe genug gesehen und muss weg. In der nächsten Halle ändert sich das Publik schlagartig. Die Zahl der Männer ist gestiegen, die der Frauen gesunken. Nicht die Männer gehen ihren Freundinnen hinterher sondern anders herum. Wir sind in einer Halle für Jagen und Angeln. Neben der Eingangstür ist ein Schießstand mit vielen Besuchern, daneben ein Stand mit den Zeitschriften der Szene: Pirsch, Unsere Jagd, Niedersachsens Jäger etc. Ein Stückchen weiter findet sich eine Reihe von Hundeclub-Ständen. Der Russell Terrier Club hat einen Käfig mit Hunden dabei. Daneben lockt die Terrierschau auf einer Bühne viele BesucherInnen an. Diverse ZüchterInnen und BesitzerInnen führen ihre „Prachtexemplare“ vor. Weiter geht’s vorbei an Messern, Visieren, Waffen, Kleidung, Geländefahrzeugen und Hochstühlen (ab 250 Euro) zur nächsten Bühne. Dort doziert ein Jäger: „Man muss Kinder früh genug an die Natur heranführen und ihnen zeigen wie wundervoll sie ist.“ Ja, schon klar. Ich gehe weiter und nehme mir Prospekte von einem Stand, schon kommt ein Jäger auf mich zu und fragt, ob ich einen Waffenschein machen will. Ich sage ihm, dass ich mich nur informieren möchte und gehe weiter zum Institut für Wildtierforschung, was seinen Stand unter einem großen Tarnnetz aufgebaut hat. Nachdem ich mir von dort aus noch einmal die Männer anschaue, die Waffen in die Hand nehmen und begutachten, gehe ich weiter zu einer Bühne auf der ein Züchter erzählt, dass wir Hunde nicht verhätscheln dürfen. Es sei wichtig ihnen ihren Platz zu zeigen und man solle ihnen nicht alles durchgehen lassen. Kinder würden wir oft aggressiv oder dominant begegnen, wenn es ein Fehlverhalten gab oder wir gestresst sind, Hunden gegenüber würden wir uns jedoch viel toleranter verhalten, was ein Fehler sei. Dies sei mitverantwortlich für Aggressionen und Hyperaktivität bei Hunden. Als ich bemerke, dass ein anderer Standbesitzer über mich grinst, weil ich Notizen mache, verlasse ich auch diese „Attraktion“. Nach etwa zwei bis drei Stunden und mit einem Rucksack voller Prospekte verlasse kurz darauf die Messe.
Dieser Besuch zeigte mir wieder einmal den äußerst ambivalenten Umgang mit Tieren. Einerseits lieben ReiterInnen ihre Pferde, andererseits scheuchen sie die scheuen Fluchttiere während lauter Musik, Geklatsche
etc. durch die Arena oder sperren sie in Paddocks und erfreuen sich an den neu gekauften Gerten. Einerseits werden die Hunde als treue Jagdfreunde angesehen und geliebt. Ihnen kann man auf der Messe auch ruhig etwas „Tolles“ kaufen, andererseits wird sich an der Menge von Waffen ergötzt, mit welchen „Wildtiere“ abgeknallt werden können. Speziesistische Schizophrenie…
Alles Gute fürs neue Jahr und viel Spaß bei der Lektüre dieser TIERBEFREIUNG!
Andre Gamerschlag